Traue keiner Statistik…

…die du nicht selbst gefälscht hast…
Oder:

Die manipulative Kraft der Karten

Aus aktuellem Anlass (ich bin erst vor ein paar Tagen auf die Internetseite des neuen Geschäftsmodell eines ehemaligen Kollegen gestoßen, auf der leider genau dieser Fehler immer wieder gemacht wird) möchte ich euch heute den vermutlich häufigsten Fehler von kartographischen Laien veranschaulichen: Die Darstellung absoluter Zahlen als Fläche.

Und da wir erst neulich die Vorzüge und Nachteile von Google MyMaps hatten, hab ich ein entsprechendes Beispiel zum Klicken und Verstehen in Google MyMaps erstellt… ;D

Die Karte zeigt die Entwicklung der Arbeitslosigkeit in Deutschland von Januar 2017 zu März 2017. Neben den Grenzen der Bundesländer gibt es zwei weitere Ebenen:

  • Entwicklung Arbeitslosenquote (grün)
    → korrekte Darstellung
  • Entwicklung Arbeitslose (rot)
    → falsche Darstellung

Quellen für die Karte
Arbeitslose/-nquote: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
KML Bundesländer: https://community.qlik.com/docs/DOC-7279

(Fehler-) Analyse

Bei der Arbeitslosenquote handelt es sich um eine relative Zahl (Anteil Arbeitslose an Erwerbstätigen), die Anzahl Arbeitslose ist absolut. Flächen sind immer relativ, so dass sie für die Darstellung auf einer Karte grundsätzlich nur für relative Zahlen in Betracht gezogen werden dürfen.

Mein Lieblingsbeispiel dazu:
Drei Bäume auf der Fläche von Berlin sind absolut gesehen gleich viel, wie drei Bäume auf die Fläche von Bayern. Wenn man jetzt allerdings die Flächengröße von Berlin und Bayern mit einbezieht, so sind drei Bäume in Bayern deutlich weniger. Für die Darstellung absoluter Zahlen auf Karten sollten daher ausschließlich Diagramme verwendet werden
Kommen wir zurück zur Karte:
Vergleicht man nun beide Darstellungen so fällt auf, dass der erste Eindruck der Entwicklung völlig unterschiedlich ausfällt – je nach dem, ob gerade die absolute Entwicklung oder die Entwicklung der Quote angezeigt wird.

Beispiel: Nordrhein-Westfalen

Die Arbeitslosenquote ist um lediglich 0,1 %-Punkt gesunken.

  • hellste Farbe
  • niedrigste Abweichung
  • „schlechte“ Entwicklung

→ Karte vermittelt den korrekten Eindruck

Da NRW aber mit Abstand die meisten Einwohner (und somit auch Arbeitslosen und Erwerbstätige) hat führt dazu, dass die absolute Abweichung von -10.263) Arbeitslosen recht hoch ist.

  • dunkle Farbe
  • hohe Abweichung
  • „gute“ Entwicklung

→ Karte vermittelt einen falschen Eindruck

Beispiel Mecklenburg-Vorpommern

Die Arbeitslosenquote ist um 0,7 %-Punkte gesunken.

  • dunkle Farbe
  • hohe Abweichung
  • „gute“ Entwicklung

→ Karte vermittelt einen korrekten Eindruck

Da in Mecklenburg-Vorpommern aber vergleichsweise wenig Einwohner (und somit auch Arbeitslose und Erwerbstätige) hat, heißt das auch, dass die Entwicklung der absoluten Anzahl Arbeitslose (6.047) recht niedrig ist.

  • hellste Farbe
  • niedrige Abweichung
  • „schlechte“ Entwicklung

→ Karte vermittelt einen falschen Eindruck

Fazit

So ein simples Beispiel zeigt, wie schnell wir an der Nase herum geführt werden können. Deshalb: Vertraut nicht dem ersten Eindruck einer Karte sondern lest das Kleingedruckte! Und wenn in der Legende steht, dass absolute Zahlen pro Fläche dargestellt werden, dann seid extrem vorsichtig → hier steckt entweder wenig KnowHow hinter der Karte oder es wurde absichtlich manipuliert um den gewünschten Eindruck zu vermitteln.